Aktuell sind in Deutschland vier Impfstoffe zugelassen – zwei Vektorvirenimpfstoffe und zwei mRNA-Impfstoffe. Weitere Vakzine werden in den kommenden Monaten folgen. Neben weiteren mRNA- (Curevac) und Totimpfstoffen (Novavax) befindet sich auch ein DNA-basierter Impfstoff aktuell in der Phase II/III der klinischen Prüfung. Der Impfstoff des US-Unternehmens Inovio wird mittels Elektroporation direkt in die Zelle eingeschleust.
Bislang ist kein sogenannter pDNA-Impfstoff zugelassen. Der von Inovio entwickelte Impfstoff wäre somit nach der Zulassung der erste seiner Art. Seit dem 16. November befindet sich der Impfstoffkandidat in der Phase-II/III der klinischen Studie. Durchgeführt wird diese in den USA. Die Produktion findet unter anderem bei Richter-Helm Biologics in Deutschland statt. Das Unternehmen entwickelt schwerpunktmäßig rekombinante Proteine und Peptide, Plasmid-DNA und bakterielle Impfstoffe.
pDNA steht für Plasmid-DNA. Ein Plasmid ist ein ringförmiges, doppelsträngiges DNA-Molekül, welches vornehmlich in Prokaryoten vorkommt. Die Plasmid-DNA liegt im Bakterium neben der chromosomalen DNA vor. Die pDNA gehört nicht zu den Bakterienchromosomen und kann daher als extrachromosomale DNA bezeichnet werden. Plasmide sind autonom replizierend. Die pDNA ist der Ort, wo Resistenzmechansimen gegen Antibiotika entstehen. Dieses Wissen nutzt man in der Forschung, um bestimmte Eigenschaften in Lebewesen einzubringen.
Bezogen auf die Impfstoffentwicklung versuchen Wissenschaftler, den Bauplan für das entsprechende Antigen in ein Plasmid einzubringen. Die ringförmigen Moleküle werden unter kontrollierten Bedingungen hergestellt und basieren auf ungefährlichen Bakterienstämmen. Nach der Injektion wird die genetische Information dann in einigen wenigen Körperzellen in das Antigen übersetzt. Analog zu den mRNA-Impfstoffen folgt dann die Antigenpräsentation auf der Zelloberfläche. In der Folge kommt es zur Immunreaktion. Die Herstellung der DNA-Impfstoffe ist ähnlich wie die Produktion der mRNA-Impfstoffe schnell. Das bietet gegenüber bekannten Technologien einen deutlichen Vorteil, gerade in Hinblick auf Pandemien. Ein Vorteil gegenüber mRNA-Impfstoffen ist die höhere Stabilität und die daraus resultierenden einfacheren Lagerungsbedingungen.
Für Menschen ist bisher zwar kein DNA-Impfstoff zugelassen, bei Tieren wird die Technologie seit einiger Zeit bereits eingesetzt. Pferde und Lachse werden bereits mit bestückten Plasmiden geimpft. Im Gegensatz zu mRNA-Impfstoffen „wirken“ pDNA-Impfstoffe im Zellkern. Sie werden also nicht in den Ribosomen, sondern im Zentrum der Zelle abgelesen. Erst dann kann es zur Antigenproduktion kommen. Dieser Fakt stellte bislang eine der größten Hürden dar. Durch spezielle Verfahren wie die Elektroporation soll die Hürde genommen werden, sodass Zulassungen für pDNA-Impfstoffe zur Anwendung am Menschen folgen können.
Auch der Impfstoffkandidat von Inovio soll mittels dieses Verfahrens in die Zelle transportiert werden. Unter Elektroporation versteht man ein Verfahren, welches die Permeabilität von Zellmembranen für kurze Zeit durch elektrische Impulse erhöht. Ein sogenannter Bioporator erzeugt das benötigte elektrische Feld und führt zu einer stärkeren Durchlässigkeit. Der sich schnell entladene Kondensator ist für die Impfung dann unverzichtbar. Denn nur durch das elektrische Feld ändert sich die Konformation der Biomembran so, dass das Plasmid in den Zellkern gelangen kann.
Im Grunde funktionieren mRNA und pDNA sehr ähnlich, nur der Weg für die jeweilige Herstellung der Antigene ist ein anderer. Einmal findet das „Ablesen“ im Zellkern (pDNA) statt, einmal in den Ribosomen (mRNA). Zur Impfung mit Plasmiden wird zudem eine Art Pistole benötigt. Die Patienten erhalten keine klassische Injektion. Laut Hersteller soll die Anwendung kaum zu spüren sein. Mit einer Zulassung rechnet man noch in diesem Jahr.
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