Arzneimittelausgaben

Zuzahlungen finanzieren Generika

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Berlin -

Warum müssen gesetzlich versicherte Patienten bei den meisten Medikamenten zuzahlen, wenn die Kassen gleichzeitig Milliarden durch Rabattverträge einsparen? Diese Frage treibt den Branchenverband Pro Generika seit Jahren um. Doch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will keine gesetzliche Pflicht zur Zuzahlungsbefreiung bei Rabattarzneimitteln. Er setzt – wie bei Retaxationen – auf die Selbstverwaltung.

Laut Pro Generika wurden im vergangenen Jahr 2,1 Milliarden Euro an Zuzahlung fällig. Weil die Kassen über die Rabattverträge sparen, wird der Anteil, für den die Versicherten selbst aufkommen müssen, immer größer. Zum 31. Dezember 2015 waren knapp 3900 Präparate von der Zuzahlung befreit, das waren 400 mehr als im Vorjahr. Eine wirkliche Trendwende sieht man bei Pro Generika aber nicht.

Denn schon im Juli droht die nächste Festbetraganpassung. Da nur Präparate, deren Preis 30 Prozent unter der Erstattungsgrenze liegt, von der Zuzahlung befreit sind, fallen immer wieder Präparate aus der Gruppe. Waren bei der Einführung der Regelung rund 14.000 PZN befreit, waren es 2011 nur noch 7100. In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl erneut halbiert.

Das führt dazu, dass die Zuzahlungen kontinuierlich steigen. 2,1 Milliarden Euro mussten die Versicherten im vergangenen Jahr aus eigener Tasche leisten, 5 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Vergleich zu 2008 liegt der Anstieg sogar bei 23,5 Prozent. Zwar sind die Arzneimittelausgaben im gleichen Zeitraum annähernd genauso stark gewachsen, auf zuletzt 32,9 Milliarden Euro nach Abzug von Zuzahlung und Zwangsrabatten. Berücksichtigt man aber die Rabattverträge, die alleine im vergangenen Jahr 3,6 Milliarden Euro an Einsparungen brachten, wuchs die Belastung für die Kassen nur um 10 Prozent. Heißt im Umkehrschluss: Die Selbstbeteiligung der Patienten kletterte von 5,9 auf 7,1 Prozent.

Besonders ärgerlich finden die Generikahersteller, dass ihnen bei einem Gesamtumsatz von 5,2 Milliarden Euro auf Basis der Herstellerabgabepreise (ApU) nach Abzug der Rabatte aus den Ausschreibungen 2,1 Milliarden Euro bleiben – also genauso viel, wie die Versicherten an Zuzahlung leisten.

Dass drei Viertel der Arzneimittelversorgung quasi aus dem Portemonnaie der Versicherten bezahlt werden, kann auch Dr. Markus Leyck Dieken, Deutschlandchef von Teva/Ratiopharm, nicht verstehen. „Wir dürfen die Regie nicht alleine den Kassen überlassen“, sagte er bei einer Diskussionsrunde von Pro Generika in Berlin. Zwar gebe es auch bei den Kassen allmählich ein Einsehen. „Aber Laissez-faire reicht nicht mehr in Zeiten, in denen auch noch Gerichte Dumpingpreise erlauben.“

Seiner Meinung nach sind die Generikapreise in Deutschland teilweise auf „Spendenniveau“. „Zuzahlungsbefreiungen sind fast gar nicht mehr vorhanden“, erklärte der Verbandsvize mit Verweis auf Asthmainhalatoren. Er fordert, dass die Soll-Vorschrift in eine verpflichtende Regelung überführt wird. „Das wäre juristisch der einfachste Handgriff. Wenn wir aber weiter Zuschauer bleiben, wird die Spirale sich immer weiter drehen.“

Gröhe will davon nichts wissen. „Ich halte es für unangemessen, den Gesetzesbefehl zum Grundprinzip zu machen.“ Bestimmte Bereiche erforderten zwar ein gesetzliches Einschreiten, sagte Gröhe mit Verweis auf das gesetzlich vorgeschriebene Mehrpartnermodell bei Impfstoffausschreibungen oder die aktuell angepeilte sechsmonatige Vorlauffrist für Rabattverträge. „Manchmal muss man als Politik verhindern, dass ein Geschäftsmodell sich selbst vernichtet.“

Beim Thema Zuzahlungsbefreiung setzt er aber auf die Kassen. „Wir haben im Pharmadialog unsere Ziele deutlich gemacht und wir erwarten, dass die bestehenden Instrumente genutzt werden.“ Als Beispiel nannte Gröhe die Hausarztverträge, seiner Meinung nach ein „interessantes Instrument“ für die Befreiung der eingeschriebenen Versicherten.

Erst in der letzten Konsequenz werde die Politik einschreiten. Solange wolle er lieber gemeinsam mit den Beteiligten „Potenziale heben als die Gesetzeskeule zu schwingen“.

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