Strafrecht

Bundestag beschließt Anti-Korruptionsgesetz

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Berlin -

Der Bundestag hat das Anti-Korruptionsgesetz beschlossen. Da das Vorhaben nicht der Zustimmung des Bundesrats bedarf, wird der neue Strafparagraf zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen schon in den kommenden Wochen in Kraft treten. Die Apotheker sind nach der neuen Fassung nur noch von dem Gesetz erfasst, wenn sie als aktiver Part Ärzte oder andere Leistungserbringer schmieren.

Nach dem Ärztefreispruch im Jahr 2012 aufgrund der aktuellen Gesetzeslage will die Politik mit dem Anti-Korruptionsgesetz klare Grenzen ziehen. Wer als Heilberufler im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung einen Vorteil dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Verordnung oder dem Bezug unmittelbar anwendbarer Arzneimittel einen bestimmten Anbieter im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzugt, wird mit bis zu drei Jahren Haft bestraft. Dasselbe gilt für die Zuführung von Patienten. In besonders schweren Fällen sind bis zu fünf Jahre möglich.

Das Gesetz wurde mit den Stimmen der Koalition angenommen. Die Fraktion Die Linke stimmte dagegen, die Grünen enthielten sich. Zuvor hatte es eine knapp einstündige Aussprache gegeben. Die Opposition zeigt sich nicht zufrieden: Kathrin Vogler (Die Linke) monierte, dass der Bezug zum Berufsrecht kurzfristig gestrichen wurde. Damit sei dem Gesetz „der wesentliche Sinn genommen“. Der Protest der SPD-Gesundheitspolitiker sei wohl nur „Theaterdonner“ gewesen, so Vogler, die in diesem Zusammenhang auf das Fehlen des Abgeordneten Professor Dr. Karl Lauterbach bei der Abstimmung aufmerksam machte.

Dr. Jan-Marco Lucak (CDU) verteidigte hingegen die Änderungen, die rechtlich notwendig gewesen sein und versicherte: „Es entstehen keine Strafbarkeitslücken.“ Dr. Edgar Franke (SPD) ergänzte später, das Gesetz sei „kein zahnloser Tiger“, da der Wettbewerbsbegriff weit gefasst sei. Gleichwohl sieht er immer noch die Möglichkeit, dass Korruption bei neuen Arzneimitteln ohne direkte Konkurrenz schwer zu sanktionieren sein könnte. Hier müsse man beobachten, wie der Wettbewerbsbegriff in der Praxis ausgelegt werde.

Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) ging dem Gesetz und den kurzfristig erfolgten Änderungen dagegen hart ins Gericht: Das Ganze sei „ein unappetitlicher Vorgang“. Die Koalition sei anscheinend „dem Lobbydruck erlegen“. Sie könne nicht verstehen, warum die Apotheker jetzt ausgenommen seien, Hebammen aber etwa nicht, bei denen sie sich weniger Korruption vorstellen könne als bei den Apotheken.

Im Januar 2015 hatte das Bundesjustizministerium (BMJV) einen ersten Referentenentwurf vorgelegt, der im folgenden Kabinettsentwurf bereits deutlich überarbeitet wurde. Die maßgeblichen Änderungen wurden allerdings relativ kurzfristig getroffen – nach anhaltender Kritik von Strafrechtsexperten.

Ursprünglich sollten die neuen §§ 299a und 299b im Strafgesetzbuch weiter gefasst werden. Insbesondere die Verletzung berufsrechtlicher Pflichten war als weiteres Tatbestandsmerkmal aufgeführt. Gegen diese Anknüpfung an das länderspezifische Berufsrecht der Ärzte und Apotheker gab es jedoch erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Die Rechtspolitiker von Union und SPD einigten sich schließlich Ende März darauf, diese Anbindung komplett zu streichen.

Auch der Bezug fällt nur noch dann unter das Anti-Korruptionsgesetz, wenn es sich um Arznei-, Heil oder Hilfsmittel sowie Medizinprodukte zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufler handelt. Das betrifft Apotheken ebenfalls nicht, laut Gesetzesbegründung sind Dinge wie Prothesen und Implantate gemeint. Ansonsten zielt das Gesetz nunmehr eher auf die Bestechung im Zusammenhang mit der Verordnung. Apotheker können sich demnach strafbar machen, wenn sie etwa illegale Absprachen über die Zuweisung von Rezepten treffen.

Unlauteres Verhalten beim Bezug und der Abgabe von Arzneimitteln kann auch künftig wettbewerbsrechtlich geahndet werden. Allerdings ist es nicht strafrechtlich relevant. Vor der Änderung hatten insbesondere die OTC-Hersteller Sorge, dass normale Einkaufskonditionen den Staatsanwalt auf den Plan rufen könnten.

Im Bereich der ambulanten Krebstherapie oder in der Substitutionstherapie wird eine Unrechtsvereinbarung laut Begründung in der Regel bereits an die Verordnung anknüpfen. „Dabei umfassen Verordnungsentscheidungen alle Tätigkeiten, die mit dem Verordnen in einem engen Zusammenhang stehen, wie beispielsweise die Übersendung der Verordnung an einen anderen Leistungserbringer“, so die Begründung.

Es gibt laut der Begründung auch so etwas wie gute Korruption: „Eine Strafbarkeit entfällt, wenn der Heilberufsangehörige die ihm beim Bezug gewährten Rabatte und sonstigen Vorteile zugunsten des Patienten bzw. des zuständigen Kostenträgers annimmt, um sie an diesen weiterzureichen.“ Derartige Rabatte dienten dem Wettbewerb und seien im Sinne der Kassen und ihrer Versicherten.

Komplett gestrichen wird der Absatz, in dem die Verletzung der berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit mit dem Korruptionstatbestand verknüpft war. Dieser Passus war von den geladenen Experten bei einer Anhörung im Rechtsausschuss heftig kritisiert worden. Das verfing offenbar: Laut Begründung des Änderungsantrag wird mit der Streichung „Bedenken im Hinblick auf die Unbestimmtheit und Uneinheitlichkeit bei einem Teil der in Bezug genommenen Berufsordnungen Rechnung getragen werden“.

Anschließend wird erklärt, wozu der Passus überhaupt ursprünglich im Entwurf stand: Es ging um Monopolsituationen sowie medizinisch nicht indizierte Verordnungen – die wegen fehlendem Wettbewerbsverhältnis ansonsten nicht erfasst sein könnten. Doch mittlerweile ist man der Auffassung, dass es im Gesundheitswesen kaum zu Monopolen komme, da selbst patentgeschützte Arzneimittel in Konkurrenz zu Re- oder Parallelimporten stünden. Auch Therapiealternativen seien als Wettbewerb zu verstehen.

Insgesamt sind laut Begründung „keine zu strengen Maßstäbe“ anzuwenden, wenn es um die Frage geht, ob der Wettbewerb eingeschränkt wird. Eine Vorteilsgewährung könne schließlich auch mit der Absicht erfolgen, eine dauerhafte Patientenbindung aufzubauen und weitere Markteintritte und damit eine Wettbewerbslage zu verhindern, heißt es.

Die Straftatbestände können – anders als zunächst vorgesehen – nicht nur auf Antrag verfolgt werden. Die Staatsanwaltschaften können auch von sich aus aktiv werden. Juristisch spricht man von einem Offizialdelikt. Auch diese Änderung war von verschiedenen Seiten gefordert worden. „Neben der Sicherung des fairen Wettbewerbs im Gesundheitswesen soll das Vertrauen der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen geschützt werden“, heißt es zur Begründung. Letzteres sei ein überindividuelles Rechtsgut von großer Bedeutung.

Jetzt könnte alles ganz schnell gehen. Der Bundesrat könnte sich dann am 22. April abschließend damit befassen. Stoppen kann die Länderkammer das nicht zustimmungspflichtige Gesetz ohnehin nicht mehr. Eine Frist für das Inkrafttreten ist im Gesetz nicht vorgesehen, sodass das Gesetz mit Veröffentlichung wirksam wäre.

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