Formfehler-Retax

Apotheker setzt Patienten auf DAK an

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Berlin -

Ein Apotheker aus Nordrhein-Westfalen hatte genug von den Formretaxationen der DAK Gesundheit und ist zum Gegenangriff übergegangen. Er zeigte der Kasse, wie eine Abrechnung ohne die Vorleistung der Apotheken aussehen würde. Mit Erfolg: Schon kurz nach Beginn der Aktion meldete sich ein Mitarbeiter einer DAK-Geschäftsstelle bei ihm und beschwerte sich über die Mehrarbeit.

Johannes Wilmers hat sich eine Ausnahmeregelung zunutze gemacht: Ein Patient kann trotz Rabattverträgen auf einem bestimmten Arzneimittel bestehen. Der Apotheker druckt dann die Sonder-PZN 02567024 für eine abweichende Abgabe, die Taxe 0 und einen dreistelligen Faktor mit der Schlüsselzahl 7 in Zeile 1 – die Position der Ziffer gibt an, in welcher Zeile die PZN des Wunscharzneimittels zu finden ist, 711, 171 oder 117. Neben dem abgegebenen Wunscharzneimittel wird im Feld Faktor die Menge notiert und die Taxe auf 0 gesetzt.

Der Patient bezahlt das Arzneimittel in der Apotheke und kann die abgestempelte Rezeptkopie zusammen mit der Quittung zwecks Erstattung an seine Krankenkasse schicken. Die Apotheke reicht das Originalrezept über das Rechenzentrum bei der Kasse ein und erhält für ihren Aufwand eine Entschädigung von 50 Cent.

Das Verfahren kommt normalerweise nicht oft zum Einsatz, schließlich bedeutet es für die Patienten mehr Aufwand und höhere Kosten. Denn sie erhalten meist nur einen Teil der gezahlten Summe zurück. Doch Wilmers, Filialleiter der Bären-Apotheke in Meschede, überzeugte einige seiner Kunden davon, von der Sonderregelung Gebrauch zu machen: Sobald ein Formfehler vorlag, etwa ein verrutschtes Aut-idem-Kreuz, beschrieb er ihnen das strenge Vorgehen der Kasse und klärte sie über ihre Rechte bezüglich eines Wunscharzneimittels auf.

Drei Tage habe er das durchgezogen und immerhin 20 Kunden hätten sich beteiligt, schätzt Wilmers. „Wenn man den Patienten erklärt, dass die Kassen wegen dieses Fehlers schlimmstenfalls gar nichts zahlen, machen alle mit“, erzählt er. Dabei ging es meist um kleinere Beträge um die zehn Euro. „Bei teureren Präparaten habe ich weiterhin Rücksprache mit dem Arzt gehalten.“

Von der Aktion waren mehrere Kassen betroffen, vor allem jedoch die DAK. Deren Vorgehen bei Formfehlern ärgerte Wilmers am meisten. „Bei den Formretaxationen geht es meist um Kleinigkeiten – das ist dann ein Jahr her, kostet Zeit und Nerven und schlimmstenfalls erkennt die Kasse den Einspruch nicht einmal an.“ Die DAK war daher das Hauptziel seiner Aktion.

Und weniger als 20 Patienten in drei Tagen reichten offenbar aus, um ein Zeichen zu setzen: Ein Mitarbeiter der DAK hat sich bereits bei Wilmers gemeldet und sich darüber beschwert, dass dieses Verfahren zu viel Zeit in Anspruch nehme. Die sei offenbar knapp, da derzeit auch viele Befreiungsanträge bei der Kasse bearbeitet werden müssten, mutmaßt der Apotheker.

„Theoretisch müsste das jede Apotheke mal machen“, findet er. Die Kassen würden auf diese Weise merken, welche Bedeutung die Apotheker auch in dieser Hinsicht hätten. Aus seiner Sicht sollten aus Protest sogar die Lieferverträge gekündigt werden – doch daran glaubt er selbst nicht.

Die DAK war zuletzt mit mehreren Rechnungskürzungen aufgefallen: Ein Apotheker aus Köln war retaxiert worden, weil er bei Nichtverfügbarkeit des Reimports von Copaxone nicht das Original abgegeben hatte. Dem Apotheker zufolge waren beide Präparate nicht lieferbar. Doch selbst die Bestätigungen von Großhandel und Hersteller nützten bislang nichts.

Apotheker Dietmar Frensemeyer wurde wegen der Sofort-Abgabe eines nicht-rabattierten Antibiotikums retaxiert – trotz Sonder-PZN. Der DAK fehlte die Begründung. Inzwischen ruderte die Kasse zurück und erklärte, ihr sei ein Fehler unterlaufen. Antibiotika mit einem Sonderkennzeichen bezüglich Akutversorgung würden nicht beanstandet.

Im Sommer sorgte die DAK für Aufsehen, weil sie Apotheker retaxierte, die ihre pharmazeutischen Bedenken angeblich nicht ausreichend begründeten. Die Kasse pochte auf separate Hinweise zusätzlich zur Sonder-PZN. Anfang Dezember lenkte sie ein: Es würden keine Rezepte mehr retaxiert, bei denen der Apotheker pharmazeutische Bedenken geltend gemacht habe, sofern dafür eine Begründung vorliege. Im Zweifelsfall genüge der allgemeine Hinweis auf pharmazeutische Bedenken, die Sonder-PZN allein sei aber nicht ausreichend.

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