AKWL-Diskussionsrunde

Bahr und Spahn wollen nicht bei Apothekern sparen

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Münster -

Wahlkampf ist die Zeit der Versprechen: Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) gab gestern vor Apothekern in Münster zu Protokoll, dass er sie in der nächsten Legislatur nicht mit einem Spargesetz belasten würde. CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn (CDU) unterschrieb das und warb für eine Fortsetzung von Schwarz-Gelb in gleicher Konstellation. Maria Klein-Schmeink von den Grünen distanzierte sich und ihre Partei in der Kettenfrage von Spitzenmann Jürgen Trittin, und Katrin Vogler von den Linken war sowieso voll im Wahlkampfmodus.

Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) und ihre Präsidentin Gabriele Overwiening hatten es geschafft, gleich vier gesundheitspolitische Hochkaräter für eine Diskussionsrunde zu gewinnen. Alle vier Bundestagsabgeordneten haben ihren Wahlkreis im Münsterland, Bahr hat in der Stadthalle Hiltrup sogar sein Abiturzeugnis in Empfang genommen – ein Heimspiel.

Der Minister erinnerte daran, dass Schwarz-Gelb 2009 ein großes Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung vorgefunden habe. Dass die Finanzlage heute so gut sei, liege vor allem an den ehrgeizigen Einsparungen bei den Arzneimittelpreisen.

Beitragssteigerungen für die Versicherten werde es nicht geben, kündigte er an. Auch die Leistungserbringer will der Minister schonen: „Wir können froh sein, dass wir mal keine Jahrhundertreform brauchen zu Beginn einer Legislatur“, sagte Bahr.

Overwiening wollte es genauer wissen: Wie lange ‚zu Beginn’ denn genau sei? Bahr sagte, er sehe keine Notwendigkeit, in der kommenden Legislatur den Kassenabschlag zu erhöhen oder das Fixhonorar zu kürzen. Die Apotheken seien mit dem AMNOG von Sparmaßnahmen getroffen worden. Zwar werde es Belastungen aus dem veränderten Großhandelshonorar weiterhin geben. „Aber für die nächste Legislatur sehe ich keine Sparmaßnahmen voraus“, so Bahr.

Spahn pflichtete bei. Die Apotheker seien in den vergangenen zehn Jahren nicht die Kostentreiber im Gesundheitswesen gewesen. „Deswegen sehe ich auch für die nächste Legislatur in diesem Bereich, also bei den Apotheken, nicht, dass wir Geld sparen müssen“, so der CDU-Gesundheitsexperte. Die Koalition habe mit der Notdienstpauschale im Gegenteil damit begonnen, „Versorgungsdebatten“ zu führen.

Bahr erteilte den Forderungen der Apotheker nach weiteren Vergütungen für Dienstleistungen allerdings erneut eine Absage: Zusätzliche Honorare etwa für die Rezeptur würden automatisch ein Absinken des Fixums nach sich ziehen. Denn in diesem seien die Gemeinwohlaufgaben der Apotheken eingepreist. Er stellte aber in Aussicht, dass man übe die BtM-Vergütung reden könne.

Die Grünen finden die Notdienstpauschale zwar richtig, denken aber nicht an weitere Erhöhungen. Stattdessen werde man das Berufsbild weiterentwickeln, die Beratung stärken und die Apotheker besser vernetzen, sagte Klein-Schmeink, Sprecherin für Prävention und Patientenrechte in ihrer Fraktion.

Dass Trittin den Grünen eine neue Kettendebatte beschert hat, ärgert Klein-Schmeink: „Jürgen Trittin ist da ein bisschen der Gaul durchgegangen.“ Alle Politiker in NRW und alle Gesundheitspolitiker der Länder stimmten damit nicht überein, sagte sie. „Wir haben uns nicht darüber gefreut.“

Trittin hatte in einem Gastbeitrag angekündigt, dass die Grünen das Mehrbesitzverbot für Apotheken aufheben würden. Klein-Schmeink betonte, dass hierzu im grünen Wahlprogramm nichts stehe. Trittin habe gemeint, dass es ihm bei der Weiterentwicklung des Systems nicht um die Struktur gehe. „Aber wir teilen diese Einschätzung nicht“, stellte Klein-Schmeink klar.

Vogler erklärte, sie habe sich persönlich dafür eingesetzt, dass sich Die Linke im Wahlprogramm eindeutig zu den Apotheken bekennt. Ihre Fraktion habe auch der Notdienstpauschale zugestimmt – würde aber gerne noch weiter gehen: „Ein Teil des Rückgangs der Apotheken liegt daran, dass die Leute ihre OTC-Arzneimittel im Internet bestellen. Am liebsten wäre uns, wenn wir den Arzneimittelversand auf europäischer Ebene komplett verbieten könnten“, sagte Vogler – und erntete viel Applaus von den Apothekern.

Überhaupt hatte sich Vogler ziemlich ins Zeug gelegt: Sie war schon eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung gekommen, hatte eigenhändig Wahlwerbung ihrer Partei ausgelegt und sich mit Apothekern unterhalten.

Die Diskussionsrunde hatte im Rahmen der ABDA-Kampagne „Gesundheit wählen“ stattgefunden. Overwiening verkündete nicht ohne Stolz, dass die Idee dazu aus ihrem Kammernbezirk stamme. Am kommenden Dienstag gibt es in Dortmund eine zweite Diskussionsrunde der AKWL mit Politikern.

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