Für junge Frauen bleibt die „Pille danach“ trotz Aufhebung der Rezeptpflicht weiter kostenlos. Der Bundestag beschloss am Donnerstagabend eine Gesetzesänderung, wonach Frauen und Mädchen bis zu ihrem 20. Geburtstag einen Anspruch auf Kostenübernahme durch die Krankenkasse haben. Ein Versandverbot gibt es aber noch nicht, auch der Abgabepreis ist noch nicht festgeschrieben.
Nach der Freigabe durch die EU-Kommission am 7. Januar für EllaOne (Ulipristal) hatte die Bundesregierung entschieden, sowohl Ulipristal als auch Levonorgestrel aus der Rezeptpflicht zu entlassen. Der OTC-Switch ist für den 15. März geplant. Die Kostenübernahme gilt, vom Zeitpunkt der Verkündung aus betrachtet, rückwirkend zum 1. März. Dies soll eine nahtlose Kostenübernahme ermöglichen.
Dazu wurde eine Ausnahmeregelung für OTC-Notfallkontrazeptiva eingeführt: Demnach müssen die Kassen die Kosten tragen, wenn eine ärztliche Verordnung vorliegt. Damit wird sichergestellt, dass Frauen Notfallkontrazeptiva zu Lasten der Kassen erhalten, „die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage, insbesondere, weil sie sich noch in der Ausbildung befinden, am wenigsten in der Lage sein werden, die Kosten für Empfängnisverhütungsmittel aufzubringen“. Hinsichtlich der Preisspannen für Apotheken und Großhandel wird die „Pille danach“ anderen erstattungsfähigen OTC-Arzneimitteln gleichgestellt.
Neben der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) wird auch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) geändert. Werbung für die künftig rezeptfreien Notfallverhütungsmittel soll gegenüber Endverbrauchern nicht möglich sein. Dadurch soll der Gefahr einer unsachgemäßen Selbstmedikation entgegen gewirkt werden. „Eine kommerzielle Bewerbung dieser Arzneimittel in der breiten Öffentlichkeit mit dem Ziel der Absatzförderung birgt das Risiko, dass einer wiederholten Anwendung innerhalb eines Menstruationszyklus Vorschub geleistet wird.“
Da Sicherheit und die Wirksamkeit bei einer wiederholten Anwendung innerhalb eines Menstruationszyklus nicht in Studien untersucht worden seien, könne eine Gesundheitsgefahr in diesen Fällen nicht ausgeschlossen werden, heißt es zur Begründung. Zudem könne mit einer Bewerbung des Produkts in der Öffentlichkeit vor allem der Anreiz zur Bevorratung für einen etwaigen Notfall gesetzt werden.
„Ein Notfallkontrazeptivum ist ausschließlich zur sporadischen Anwendung innerhalb eines ganz bestimmten Zeitrahmens gedacht und sollte keinesfalls eine regelmäßige Kontrazeption ersetzen“, heißt es weiter. „Bei einer Bevorratung kann die für die sichere Einnahme erforderliche Beratung durch Apotheken für einen zukünftigen Notfall nicht in dem Maße wie im Fall eines bereits eingetretenen Notfalls gewährleistet werden.“
Mit einem Verbot der Werbung für Notfallkontrazeptiva außerhalb der Fachkreise solle ferner der Gefahr begegnet werden, dass diese Arzneimittel als geeignet für die Standardverhütung angesehen werden könnten und damit die durch die umfassende Aufklärungsarbeit erreichte hohe Quote der Anwendung sicherer Verhütungsmittel konterkariert werde.
„Es besteht die Gefahr, dass durch die Werbung der Eindruck entsteht, dass anstelle der Standardverhütungsmittel in jedem Bedarfsfall in der Apotheke ohne Verschreibung ein anderes Kontrazeptivum zur Verfügung steht. Ein Notfallkontrazeptivum soll aber die Standardverhütung nicht ersetzen.“
Diese Gefahr bestehe insbesondere deshalb, weil die zur regelmäßigen Verhütung eingesetzte Pille verschreibungspflichtig ist. Damit gelte für die „Standard-Pille“ das Publikumswerbeverbot, während eine Bewerbung der verschreibungsfreien Notfallkontrazeptiva nun theoretisch zulässig wäre. „Dieses Ungleichgewicht kann dazu führen, dass Notfallkontrazeptiva in der breiten Öffentlichkeit stärker im Bewusstsein verankert werden als andere verschreibungspflichtige Arzneimittel, die standardmäßig zur Verhütung eingesetzt werden sollen.“
Im Hinblick auf die Prävalenz sexuell übertragbarer Krankheiten (STI) unter jungen Menschen – insbesondere Chlamydien – sei zumindest nicht auszuschließen, dass durch eine starke Bewerbung der „Pille danach“ das durch die Nutzung von Kondomen insgesamt hohe Schutzverhalten und insbesondere das hohe Schutzverhalten unter jungen Menschen konterkariert werden könnte mit der Folge eines möglichen Anstiegs von STI. Ein Werbeverbot sei auch unter diesem Gesichtspunkt sachgerecht.
Letzter Punkt: Angesichts der Kostenübernahme für Frauen bis zum vollendeten 20. Lebensjahr solle einer kommerziellen Anreizwirkung entgegengewirkt werden.
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