HIV-Medikamente

Isentress: Zwangslizenz für Deutschland

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Berlin -

Dass Originalhersteller für eine Zwangslizenz kämpfen, ist ungewöhnlich. Doch MSD Sharp & Dohme streitet mit dem japanischen Hersteller Shionogi über das Patent für den Wirkstoff Raltegravir. Um sein HIV-Präparat Isentress bis zur Klärung weiter vertreiben zu können, hat der US-Pharmakonzern vor dem Bundespatentgericht auf Zwangslizenz geklagt – und Recht bekommen.

Der 3. Senat des Bundespatentamts begründete seine Entscheidung am 31. August damit, dass „das Medikament von bestimmten Gruppen HIV-infizierter und/oder an AIDS erkrankter Patienten aus medizinischen Gründen benötigt wird und diese nicht ohne erhebliche gesundheitliche Risiken auf andere Präparate ausweichen können“.

Grundlage für die Einschätzung ist ein Gutachten von Sachverständigen, in dem diese davor warnten, dass Patienten, die ohne ihre gewohnte Medikation blieben, aufgrund der steigenden Viruslast Dritte anstecken könnten. Die Erteilung einer Zwangslizenz sei daher von „öffentlichem Interesse“.

Nach Auffassung des Senats hat MSD auch die weiteren Voraussetzungen der Erteilung einer Zwangslizenz glaubhaft gemacht. Zudem liege die für den Erlass einer einstweiligen Benutzungsanordnung erforderliche Dringlichkeit vor, da das Landgericht Düsseldorf (LG) in zwei Wochen den Vertrieb von Isentress untersagen könnte. Eine schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus. Die Hauptsacheklage ist weiterhin anhängig.

Shionogi hatte MSD im vergangenen Jahr vor dem LG wegen Verletzung auf Unterlassung verklagt. Die Japaner hatten 2002 ein Patent für ein Medikament angemeldet, das auch den Wirkstoff Raltegravir enthält. Das Europäische Patentamt erteilte das Patent schließlich 2012 – welches den Einsprüchen von MSD standhielt.

Das Dilemma: Der US-Konzern hatte nahezu zur selben Zeit wie Shionogi sein Präparat Isentress entwickelt und ebenfalls an einem Patent gearbeitet, das einen engen Schutzumfang für den Wirkstoff Raltegravir beinhaltete. Merck war zudem der erste Hersteller, der 2007 in den USA eine Zulassung für das HIV-Präperat erhalten hatte.

Zwischenzeitlich verbreitete sich Isentress auch in anderen Ländern. In Deutschland kam das Präperat im Februar 2008 auf den Markt. Mittlerweile gehört der Wirkstoff Raltegravir zur Standardmedikation vieler HIV- und Aids-Patienten, insbesondere auch von Schwangeren, Neugeborenen und Neuinfizierten. Laut Arzneiverordnungsreport wurde Isentress 2014 rund 83.000 Mal auf Kassenrezept verordnet; die Ausgaben lagen bei 69 Millionen Euro.

Wie während der Verhandlungen bekannt wurde, hatte MSD ein Zahlung an Shionogi in Höhe von 10 Millionen US-Dollar angeboten, um eine weltweite Lizenz für Isentress zu erwirken. Die Japaner lehnten diese Offerte jedoch ab. Erst zu diesem Zeitpunkt hatte MSD den Eilantrag gestellt, über den jetzt entschieden wurde.

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