Testkäufe

EAV zerrt Apotheker vor Gericht

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Berlin -

Die Testkäufe der Europa Apotheek Venlo (EAV) in mehreren Apotheken haben ein juristisches Nachspiel: Das Landgericht München I hat wenigstens gegen einen bayerischen Apotheker bereits eine einstweilige Verfügung erlassen. Es geht um die Höchstmengen bei der Abgabe nicht verschreibungspflichtiger Präparate und um die Beratungspflicht. Der Apotheker darf sich bis zu einer endgültigen Klärung vor Gericht keine Fehltritte leisten, sonst droht ihm ein Ordnungsgeld.

Die EAV hatte Anfang Oktober gleich drei Testkäufer in kurzer zeitlicher Abfolge in die Apotheke geschickt. Im ersten Fall wurde eine 50er-Packung Imodium Akut Lingual verlangt. Nach dem Hinweis auf die Verschreibungspflicht wollte der Testkäufer fünf 12er-Packungen, die er auch erhielt. Anscheinend hatte er den Bedarf mit einer anstehenden längeren Auslandsreise begründet. Beim zweiten Test wurde eine verschreibungspflichtige 10er-Packung Formigran gegen Migräne ebenfalls durch mehrere Kleinpackungen ersetzt.

Im dritten Fall hatte der Testkäufer eine vermeintliche SMS seines Vaters vorgezeigt, in dessen Auftrag er eine 60er-Packung Prostagutt forte und eine 10er-Packung des Schlafmittels Hoggar Night besorgen sollte. Hier hätte die Apotheke auf die mögliche Wechselwirkung der beiden Präparate hinweisen sollen.

Die Medco-Tochter hatte von dem Apotheker eine Unterlassungserklärung gefordert. Als diese ausblieb, hatten die Anwälte der Versandapotheke eine einstweilige Verfügung bei Gericht beantragt. Auch das Landgericht sieht in den Ergebnissen der ersten beiden Testkäufen Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz (AMG). Denn eine Umgehung der Verschreibungspflicht durch die Abgabe mehrerer Kleinpackungen sei vom Gesetzgeber sich nicht gewollt, heißt es in dem Beschluss.

Apotheker dürften nur in Notfällen und als ultima ratio verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne Rezept abgeben, begründet das Gericht. Dies sei bei dem Testkauf aber nicht der Fall gewesen. Eine fahrlässige Abgabe von Rx-Arzneimitteln könne laut AMG mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 Euro geahndet werden, heißt es im Beschluss.

Beim dritten Testkauf hatte die Mitarbeiterin der Apotheke aus Sicht des Gerichts nicht ausreichend beraten und damit gegen die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) verstoßen. Denn der Wunsch nach dem Mittel Prostagutt forte weise auf eine Prostata-Hypertrophie des Betroffenen hin. Bei diesem Befund sei die gleichzeitige Einnahme des Schlafmittels Hoggar Night jedoch kontraindiziert. Die Apotheke hätte hier auf eine pflanzliche Alternative verweisen sollen.

Mit der einstweiligen Verfügung in der Tasche könnte die EAV theoretisch weitere Testkäufe durchführen – mit durchschlagendem Ergebnis: Verstoßen der Apotheker oder sein Team künftig gegen die Auflagen des Landgerichts, drohen für jeden Einzelfall Ordnungsgelder zwischen fünf und 250.000 Euro.

Der betroffene Apotheker hat sein Personal angewiesen, besonders achtsam zu sein. Allerdings vermutet er hinter dem Vorgehen der Versandapotheke eine andere Taktik: „Gerade der Fall mit Hoggar Night und der vorgezeigten SMS ist so konstruiert, dass ich fast glaube, die EAV möchte den Rechtsstreit eigentlich verlieren.“

Denn sollten die Richter im Hauptsacheverfahren bei der Beratungspflicht hier ein Auge zudrücken, könne sich auch die Versandapotheke darauf berufen. Der Apotheker vermutet, dass die EAV so die gesetzlichen Vorgaben unterwandern möchte, wonach auch für Versender eine verschärfte Beratungspflicht besteht.

Welche Motivation tatsächlich hinter den offenbar massenhaft durchgeführten Testkäufen steht, ist unklar: Bei der EAV war bislang niemand zu einer Stellungnahme zu erreichen.

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