Um Retaxationen zu vermeiden, scannt eine Apotheke aus Niedersachsen jedes Rezept ein und nimmt eine intensive Kontrolle vor – vor allem bei hochpreisigen Arzneimitteln. Mit der Verordnung über das Hepatitis-Präparat Harvoni (Ledipasvir/Sofosbuvir) sowie Ribavirin schien alles in Ordnung zu sein. Die AOK Niedersachsen retaxierte trotzdem rund 21.000 Euro – weil die Verordnung nicht lesbar gewesen sei. Noch hofft die Apotheke auf ein Einlenken der Kasse.
Die Rezeptprüfstelle der AOK konnte den vom Arzt bedruckten Teil auf dem Image nicht mehr erkennen und forderte eine lesbare Kopie. Sollte dies nicht innerhalb der Einspruchsfrist geschehen, werde man den Betrag von der nächsten Rechnung absetzen, kündigte die AOK an.
Die Apothekerin hat kein Verständnis für das Vorgehen der Kasse: Das Rechenzentrum habe Kassen-IK und Versichertennummer übermittelt, die Originalverordnung liege der Kasse ebenfalls vor. „Vermutlich hatte keiner Lust, ins Archiv zu gehen, und auf das Rezept zu schauen. Auf diesem waren die Angaben des Arztes nämlich gut lesbar“, so die Apothekerin.
Zwar gibt die Apotheke zu, dass die betroffene Praxis ihren Drucker mal wieder mit einem neuen Toner bestücken könnte. Doch mit bloßem Auge sei alles ohne Probleme zu erkennen gewesen, so die Apothekerin. Ansonsten hätte sie das Rezept ja auch gar nicht beliefern können. Auch vom Rechenzentrum habe es keine Rückfragen gegeben.
„Ich empfinde das als reine Schikane. Die Lesbarkeit wird nur bemängelt, weil das Präparat so teuer ist“, empört sich die Apothekerin. Denn die AOK habe keine anderen Rezepte dieser Praxis aus dem entsprechenden Zeitraum beanstandet, sofern es um günstigere Arzneimittel ging.
Zum Glück zeigte sich die Arztpraxis kooperativ, berichtet die Apothekerin. Sie stellte ein „Duplikat“ samt Anschreiben aus. Die Apotheke hat alle Unterlagen an die Kasse geschickt und hofft nun auf ein Einlenken der Rezeptprüfstelle. Aus der gewählten Formulierung in der Retaxation lässt sich zumindest vermuten, dass die AOK dies akzeptiert. Doch selbst dann, habe sie den Stress und Ärger, den Arbeitsaufwand und eine schlaflose Nacht gehabt, so die Apothekerin.
Vorgaben für die Druckqualität gibt es für Arztpraxen übrigens nicht. Die Apotheke darf grundsätzlich nur lesbare Rezepte beliefern. Für den Druck in der Offizin gibt es dagegen klare Vorgaben. Die Technische Anlage 2 zur Vereinbarung über die Übermittlung von Daten im Rahmen der Arzneimittelabrechnung empfiehlt OCR-Schriften in 10 Punkt Größe. Bei der Schreibdichte sind 10 oder 12 Zeichen pro Zoll vorgesehen (cpi), bei Hochpreisern ausnahmsweise 15 cpi.
Sogar der Kontrast ist geregelt: Andere Farben als Schwarz sind unzulässig, beim Aufdruck soll ein Druckkontrast von mindestens 55 Prozent PCS erreicht werden. „Hierzu ist das Farbband rechtzeitig auszuwechseln, wenn visuell die Farbe als 'schwarz' nicht erkannt wird“, heißt es in der Technischen Anlage.
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