Interview Dr. Morton Douglas

„Kein Apotheker muss wegen Skonto ins Gefängnis“

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Berlin -

Die Pläne der Regierung zu einem Anti-Korruptionsgesetz für das Gesundheitswesen schlagen in der Branche schon hohe Wellen: Wer macht sich künftig womit strafbar? Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas von der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen erklärt im Interview mit APOTHEKE ADHOC, wann Apotheker dem Arzt trotzdem die Praxis finanzieren dürfen, was es mit dem bösen Schein auf sich hat und warum kein Apotheker wegen Skonti ins Gefängnis muss.

ADHOC: Wann machen sich Apotheker der Korruption strafbar?
DOUGLAS: Laut dem bisherigen Gesetzesentwurf ist der neue Straftatbestand von der Vorteilsnahme bei Amtsträgern abzugrenzen. Im neuen Tatbestand ist nicht mehr Voraussetzung, dass der Vorteil als Gegenleistung für eine bestimmte oder zumindest bestimmbare Diensthandlung des Amtsträgers gedacht ist. Ein Vorteil wird für die Dienstausübung vielmehr schon dann gewährt, wenn er von Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer allgemein im Sinne eines Gegenseitigkeitsverhältnisses mit der Dienstausübung des Amtsträgers verknüpft wird. Somit reicht schon der sogenannte böse Schein: Wenn Sie einen Amtsträger zu einem Fußballspiel einladen, kann das bereits als unzulässige Verknüpfung mit der Dienstausübung gesehen werden, selbst wenn es konkret keine Gegenleistung gibt. Die Bestechlichkeit im Gesundheitswesen lehnt sich dagegen an vergleichbare Regelung für die Privatwirtschaft an. Daher bedarf korruptives Verhalten immer einer konkreten Unrechtsvereinbarung.

ADHOC: Was heißt das?
DOUGLAS: Die Einladung zum Fußball reicht nicht aus. Es müsste bewiesen sein, dass diese erfolgte, damit eine unlautere Bevorzugung eintritt. Im Gesetzentwurf ist klar geregelt, dass das bloße Annehmen eines Vorteils nicht ausreicht, um den Tatbestand zu verwirklichen. Vorteil und Gegenleistung müssen inhaltlich miteinander verknüpft sein.

ADHOC: Amtsträger werden also strenger beurteilt als Apotheker?
DOUGLAS: Es kommt darauf an, von welcher Seite aus man darauf schaut. Den Krankenkassen mag die geplante Regelung nicht weit genug gehen. Einige wollen Apotheker und Ärzte behandeln wie Amtsträger und wegen ihrer Verantwortung im Gesundheitswesen besonders verpflichten. Der Gesetzgeber will demgegenüber die Leistungserbringer offenbar nicht schlechter stellen als alle anderen in der Privatwirtschaft. Dies sollte auch ausreichend sein.

ADHOC: Was wäre denn eine typische Unrechtsvereinbarung zwischen Arzt und Apotheker?
DOUGLAS: Die Apotheke stiftet der Arztpraxis jeden Monat Blumen im Wert von 150 Euro für den Empfangsbereich. Dafür schickt der Arzt ihm seine Patienten. Statt Blumen können Sie irgendeinen Vorteil einsetzen, den der Arzt dafür erhält, dass er seine Patienten motiviert, dem Apotheker möglichst viele Rezepte zukommen zu lassen.

ADHOC: Mietkostenzuschüsse dürften typischer sein als Schnittblumen.
DOUGLAS: Das kostenlose zur Verfügung Stellen von Praxisräumen ist für sich genommen nicht strafbar.

ADHOC: Wie bitte?
DOUGLAS: Der Inhaber einer Apotheke darf investieren, damit die Apotheke wirtschaftlich erfolgreich ist. Ob er drei Parkplätze vor der Apotheke bauen lässt, jeden Tag einen Clown für die Belustigung der Kinder der Kunden engagiert oder eigene Immobilien einem Arzt sehr günstig zur Verfügung stellt, ist zunächst seine Sache. Bei 20.000 Euro Umzugsunterstützung für den Arzt fehlt es an einer Unrechtsvereinbarung. Der Apotheker kann sich ausrechnen, dass ein bestimmter Anteil des zu erwartenden Verschreibungsvolumens ohne Zutun des Arztes in seiner Apotheke landet. Strafbar wird es erst, wenn er versucht den Arzt zu beeinflussen, insoweit nachzuhelfen.

ADHOC: Und ein Gericht würde es nicht so sehen, dass sich der Arzt wegen 20.000 Euro verpflichtet fühlt?
DOUGLAS: Ich kenne keinen solchen Arzt. Und man sollte Heilberufler auch nicht unter Generalverdacht stellen. Es ist ständige Praxis, dass Apotheken überlegen, wie sie Ärzte in ihre unmittelbare Nachbarschaft bekommen. Es gab vor einigen Jahren eine Diskussion zu dem Thema, als auch Mietzuschüsse kritisch gesehen wurden. Ein Landgericht wollte den Arzt wie einen Amtsträger behandeln, die Entscheidung wurde aber in der zweiten Instanz aufgehoben.

ADHOC: Was ist mit den heiß diskutierten Großhandelsrabatten und Skonti der Apotheker?
DOUGLAS: Branchenübliche Skonti bis etwa 3 Prozent sind strafrechtlich unkritisch. Darüber muss man nicht diskutieren. Spannend wären Angebote, die eindeutig gegen das Preisrecht verstoßen, etwa echte Rabatte jenseits der Maximalgrenze von 3,15 Prozent. Unter den Gesetzeswortlaut könnte das gefasst werden, doch nach der Gesetzesbegründung ist die Strafbarkeit fraglich. Kein Apotheker muss wegen Skonto ins Gefängnis.

ADHOC: Weil das Aushandeln von Rabatten nicht verboten ist?
DOUGLAS: Weil der Apotheker beim Einkauf nicht als Beauftragter des Patienten agiert, sondern auf eigene Rechnung. Rabatte, die gegen das Preisrecht verstoßen, bleiben wettbewerbsrechtlich relevant. Ob sie durch das Anti-Korruptionsgesetz auch strafbar werden, ist nicht zwingend. Wie das die Gerichte am Ende entscheiden, kann heute niemand wissen, aber zumindest die Gesetzesbegründung liefert Argumente gegen eine Strafwürdigkeit. Dort heißt es, dass es in Sachen Einkauf an einer Unrechtsvereinbarung fehlt. Denn es geht weder um den Bezug bestimmter Arzneimittel noch das Zuführen von Patienten.

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