Apothekendichte

4 Minuten zur nächsten Apotheke

, Uhr aktualisiert am 12.06.2014 12:26 Uhr
Berlin -

Gibt es auf dem Land zu wenig Apotheken? Ja, sagen Versender und andere Anbieter, die ins Geschäft kommen wollen. Noch nicht, argumentieren die Apotheker, wenn es um politische Forderungen geht. Nein, lautet das Fazit einer Studie des Braunschweiger Thünen-Instituts für Ländliche Räume, das zum Kompetenzbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gehört. Nur für Menschen auf dem Land ohne Auto ist die Erreichbarkeit demnach suboptimal.

Beim Blick auf die Landkarte fällt schnell auf, dass es in einigen Regionen Deutschlands nur wenige Apotheken gibt. Doch die Distanz zwischen zwei Apotheken ist nur theoretischer Natur: Denn die weißen Flecken sagen nichts darüber aus, wie viele Menschen tatsächlich betroffen sind. Wo niemand wohnt, muss keine Versorgung sichergestellt werden.

Die Forscher haben daher das geografische Einzugsgebiet der einzelnen Apotheken in Quadrate mit einer Kantenlänge von 250 Metern aufgeteilt. Nur Rasterzellen, in denen Menschen wohnen, wurden in die Berechnung einbezogen. Insgesamt wurden knapp 1,7 Millionen besiedelte Cluster ausgewertet.

Den weitesten Weg haben gemäß dem Erreichbarkeitsmodell die Einwohner der Gemeinde Gröde, einer Hallig in Schleswig-Holstein. Sie sind laut Studie im Durchschnitt 30 Kilometer unterwegs, bis sie die nächste Apotheke erreichen. Den kürzesten Weg haben die Bürger der Gemeinde Strüht in Rheinland-Pfalz. Sie müssen im Durchschnitt nur 536 Meter zurücklegen.

Im Durchschnitt beträgt die Entfernung zur nächsten öffentlichen Apotheke rund 4 Kilometer. Je geringer die Bevölkerungsdichte in einen Gebiet ist, umso länger ist der Weg. In Ballungsräumen ist die nächste Apotheke durchschnittlich 1,6 Kilometer entfernt.

Insgesamt beträgt die durchschnittliche Entfernung in acht von neun Kreistypen weniger als 5,1 Kilometer. Lediglich in „ländlichen Kreisen geringer Dichte“, in denen weniger als 100 Einwohner pro Quadratkilometer leben, liegt die Entfernung bei 6 Kilometern.

Zu Fuß sieht es nicht ganz so gut aus: In Berlin sind Apotheken noch am schnellsten zu erreichen – 15 Minuten brauchen Menschen bei einer Gehgeschwindigkeit von 1,45 m/s durchschnittlich zur nächsten Apotheke. In Hamburg und Bremen sind es 24 Minuten. Am weitesten ist der Weg für Patienten in Mecklenburg-Vorpommern: 78 Minuten wären sie durchschnittlich unterwegs, wenn sie zur nächsten Apotheke laufen müssten.

Um Aussagen zur Erreichbarkeit der Apotheken treffen zu können, hat Studienautor Dr. Stefan Neumeier außerdem untersucht, wie viele Menschen jeweils betroffen sind. Für 85,44 Prozent der Bevölkerung ist die nächste Apotheke mit dem Auto und einer Geschwindigkeit von 60 km/h in maximal vier Minuten zu erreichen.

Weitere 14,4 Prozent sind auf diese Weise maximal 15 Minuten bis zur nächstgelegenen Apotheke unterwegs. Lediglich 0,16 Prozent der Bevölkerung brauchen mit dem Auto länger.

Zu Fuß brauchen 59 Prozent der Bevölkerung weniger als 15 Minuten zur Apotheke. Nur außerhalb der Ballungsräume seien Apotheken für Bürger ohne Auto schwer zu erreichen, sagt Neumeier.

Fazit: Trotz stetig sinkender Apothekenzahlen und obwohl die Apothekendichte leicht unter dem europäischen Durchschnitt liegt, sind Apotheken aus Neumeiers Sicht für die Mehrheit der Bevölkerung mit PKW gut zu erreichen.

Für weniger mobile Bürger auf dem Land, die weder auf ein Auto noch den öffentlichen Nahverkehr zugreifen können, sei die Erreichbarkeit aber als „suboptimal“ einzustufen.

Ein Problem sieht Neumeier aber nicht: Einerseits sei die Bereitschaft, größere Entfernungen zurückzulegen, bei Bewohnern ländlicher Gebiete stärker ausgeprägt. Andererseits sei der Anteil an Haushalten ohne Auto in diesen Regionen am geringsten. Außerdem könnten die Patienten Versandapotheken nutzen. Neumeier sieht daher in Hinblick auf die Arzneimittelversorgung keinen dringenden Handlungs- oder Interventionsbedarf.

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