All-IP-Umstellung

Telekom legt Apotheke lahm

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Berlin -

Neben einer Dauerbaustelle vor der Offizin oder Grippewelle in der Belegschaft zählt der Technikausfall zu den besonders nervigen Heimsuchungen für Apotheken. Besonders ärgerlich, wenn sie wie im Fall von Apotheker Lutz Steinfurth komplett vermeidbar waren. Weil die Telekom es über fast zwei Wochen nicht geschafft habe, ihren Fehler wieder gut zumachen, will Steinfurth seinen Anbieter jetzt verklagen.

„Bei der Umstellung auf All-IP in meiner Apothekenfiliale in Hückelhoven ist so ziemlich alles schief gelaufen, was schief laufen kann“, schrieb Steinfurth Mitte der Woche an die Telekom. Da hatte er nach zwei Wochen immerhin wieder Internet und EC-Cash. Das Fax geht bis heute nicht.

Was war geschehen? Im Dezember wurde Steinfurth als „Großkunde“ von der Telekom angeschrieben. Es ging um die geplante Umstellung auf All-IP. Bis Ende 2018 will die Telekom alle ihre Netze umgestellt haben. Das bedeutet zum Beispiel das Aus für ISDN. Steinfurth sollte sich an seinen Ansprechpartner bei der Telekom wenden. Der versicherte auf Nachfrage, dass die Umstellung für Steinfurth keinerlei Auswirkungen habe.

Doch die Telekom-Zentrale schrieb im Februar erneut an den Apotheker, warnte vor einer Abschaltung. Steinfurths Ansprechpartner blieb dabei, er solle sich keine Sorgen machen. Der dritte Brief der Zentrale im April las sich schon wie eine letzte Mahnung. Steinfurth bestand darauf, dass sich ein Techniker die Anlage ansehen sollte. Mit dem vorhandenen Router würde es keine Probleme geben, sagte der Techniker am 9. Mai. Am 10. Mai war das Telefon tot, Internet und Fax ebenfalls – die Apotheke war lahmgelegt.

Für ein paar Tage sei die Apotheke noch über die Hauptnummer zu erreichen gewesen, berichtet Steinfurth. Jede Verbindung nach außen war dagegen unterbrochen. „Unser Online-Bestellsystem der Warenwirtschaft, das Internet und das Fax waren nicht mehr nutzbar, auch die VPN-Verbindung zwischen den Filialen war unterbrochen“, berichtet der Apotheker.

Ein Anruf bei der Störungsstelle brachte die Erkenntnis, der Anschluss sei gekündigt worden. Später bestätigte ein Mitarbeiter aus dem Vertrieb, die Telekom habe den Anschluss selbst gekündigt. Sein direkter Ansprechpartner sei erst wieder ans Telefon gegangen, als er vom Handy aus mit unterdrückter Rufnummer angerufen habe, berichtet Steinfurth. Dann aber wollte er immerhin dafür sorgen, dass alles wieder zurückgestellt würde. Techniker erklärten Steinfurth später, dass dies gar nicht möglich sei.

Stattdessen wurde ihm von der Zentrale geraten, er solle doch einen neuen Anschluss beauftragen. Auf Nachfrage erfuhr er, dass die Freischaltung circa drei Wochen dauern würde. Zwischendurch wurde er mehrfach vom Call-Center der Telekom angerufen und gefragt, ob er mit dem Service zufrieden sei. Das konnte Steinfurth nicht von sich behaupten.

„Das Schlimmste ist, dass nie jemand zuständig ist. Es gibt bei der Telekom keine Anlaufstelle für den Worst-Case“, moniert Steinfurth. „Irgendwann hatte ich jemanden, der verstanden hat, dass es brennt.“ Nach annähernd 100 dokumentierten Telefonaten mit unterschiedlichen Ansprechpartnern gab es ab dem 24. Mai wieder Internet und eine EC-Anbindung.

An diesem Dienstag war auch wieder ein Techniker da. Der erklärte, dass die Router keine All-IP Option hätten. Einen passenden Router hatte er nicht dabei, Steinfurth besorgte im nächsten Telekomladen selbst eine „Digitalisierungsbox smart“. Bis auf das Fax läuft jetzt alles wieder.

Der Schaden sei immens, berichtet der Apotheker: Allein das Team habe 120 Überstunden abreißen müssen, weil jede Bestellung umständlich per Handy durchgegeben werden musste. Hinzu kommen ganz reale monetäre Verluste: Alleine die Umsatzausfälle bei dem EC-Terminal summieren sich laut Steinfurth auf 40.000 Euro. Einige Kunden hätten sich zwar Bargeld besorgt, doch viele hätten die zuvor ausgewählte Ware stehen gelassen. Auch der Imageverlust sei daher erheblich, so Steinfurth. Sein Anwalt bereitet jetzt eine Schadensersatzklage gegen die Telekom vor.

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